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Arbeiten am Stein – Workshop bei Thimothy Vincent in Wetter an der Ruhr

Zu Beginn meiner Arbeit dominiert das Material meine Vorstellungen und Konzepte zunächst völlig; einmal als hartes, widerständiges Material, insofern man sich als Anfänger blutige Daumen holt; man spürt zunächst nur Widerstand! Das Material dominiert aber auch in der Weise, dass mein erster Entwurf lediglich, wie Tim Vincent es nannte, eine „graphische Bearbeitung der Oberfläche“ darstellte, dem Stein gewissermaßen nicht zu nahe tretend. Das versuchte ich anderen und vor allem mir selbst zu verkaufen als „Aufnehmen der naturgegebenen Form“.

Dazu Henry Moore: „Wenn man zum ersten Mal direkt in einem harten und spröden Material wie dem Stein arbeitet, ist das Ergebnis oft eine reliefartige Oberflächenbehandlung ohne plastische Kraft. Schuld daran ist der Mangel an Erfahrung, der große Respekt vor dem Material und die Angst, es schlecht zu behandeln.“

Also aufatmen. Auch dem Meister erging es einmal so!

Wie aber kommt man aus der Angst heraus?

Durch die Hilfe dessen, der im Handwerk Meister ist, also durch Meister Vincent. Und dem ging naturgemäß das „Gepicke“ am Stein dann doch zu weit oder besser gesagt, es griff ihm buchstäblich zu kurz; also Vorschlag: Hau ein Loch durch den Stein! Wie sich zeigen sollte, ein buchstäblich „bahnbrechender“ Vorschlag!

Henry Moore:
„Das erste Loch, das man durch einen Stein schlägt, ist eine Offenbarung. (…) es macht den Stein dreidimensionaler“

Tatsächlich! Das veränderte alles! Denn schon um mit Meißel und Hammer überhaupt von den dabei notwendigen Winkeln in der Haltung des Meißels her ein Loch in den Stein treiben zu können, musste ich vom Stein komplette Flächen wegnehmen; es entstanden zylinderförmige Ausbuchtungen, die die Form des Steines, rein als Vorarbeit zum Erstellen des Loches, radikal veränderten, denn erst so war das Treiben des Lochs in den Stein möglich. Die kelchartigen Flächen um das getriebene Loch herum dokumentieren diese Notwendigkeit. Mit der durch Übung zunehmenden Sicherheit im Schlag wuchs auch die Sicherheit darin, nun mit den „Naturgeschmuse“ Schluss zu machen und dem zu folgen, was Kunst (auch und vor allem) meint: ein Gegenbild zur „Natur“ zu gestalten durch ein Konzept, einen Entwurf, eine Idee, wenn auch natürlich gerade am Stein, „im Stein“, durch den Stein hindurch, nicht am Material vorbei. Von zwei Seiten trieb ich das Loch in den Stein, um einen Durchbruch zu erreichen: Räumliches Denken war erforderlich, um tatsächlich ein Treffen der von beiden Seiten getriebenen Tunnel zu erreichen. Im Treiben des Lochs den Stein nicht zu sprengen, war dann, mit Zunahme der Lochtiefe, eine weitere Herausforderung.

Es zeigte sich: “Man darf sich nicht vom Material beherrschen lassen!“ Henry Moore

Es geht offenbar nicht um vorgeblich sensibles Be-Zeichnen des Steines, um Ornamentik und Graphik, sondern darum, mutig die Potenzen des Steins zu sehen und diese mit der eigenen Formvorstellung zu versöhnen, zu verbinden…ihnen zur Gestalt, zur Form zu verhelfen. Dabei entsteht durchaus kein Gegensatz zur „Arbeit der Natur“, denn „Kieselsteine zeigen, so Henry Moore, wie die Natur den Stein bearbeitet. Manche von denen, die ich aufhebe, haben Löcher in ihrer Mitte.“ Es ist also ein Arbeiten nicht „nach der Natur“, sondern, wie die Natur; natura naturans.

Wie es mir beim zweiten Workshop erging, welche Niederlagen ich dabei auch verarbeiten musste, schildere ich demnächst – jetzt geht es erst mal wieder an die Staffelei!

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