Portrait

Reinhold
Spratte

"In meiner Kunst geht es mir darum, das Eigene zu entdecken und stetig zu verfolgen und dabei offen zu bleiben für die Wahrnehmung der Welt in allen ihren Aspekten – auch den hässlichen. Die Freunde und die wohlwollenden Blicke der Betrachter meiner Kunst helfen mir dabei, den Blick zu schärfen, so dass das Eigene Kontur bekommt. Im Kern geht es darum, das Faszinierende der Welterfahrung und auch Weltbejahung im Bild festzuhalten. Aber auch der Schmerz kann als eine vitale Form der Melancholie verstanden und künstlerisch verwandelt werden. Wunderbar bleibt, in allem Wirklichen die Möglichkeit zu sehen zur Gestaltung und Vollendung in der Kunst."

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"Er war ein junger Schlosser. Da er aber dem Holze anhing, nicht dem Eisen, wusste er: Du musst dein Leben ändern."

Reinhold Spratte

Tast-Sinn

Suche nach einer mehr erfüllenden Arbeit, erst noch relativ hilflos als Verbesserung der Fachkenntnisse, dann allmählich in fremdere Regionen gehend, Praktikum in einer Gießerei und Modelltischlerei und in der Arbeitsvorbereitung einer Gaszählerfabrik, Schichtarbeit… Schließlich: Ausbruch aus dieser Atmosphäre: Besuch des Bischöfliches Abendgymnasiums in Essen, Begegnung mit den alten Sprachen Latein und Griechisch. Dort der für meine künstlerische Entwicklung entscheidende Anstoß durch die Begegnung mit Van Gogh im Essener Folkwang-Museum, im schönen Altbau. Nach dem Abitur zur Bundeswehr, erste Ansätze politischen Durchblicks, ausgelöst vor allem durch die zunehmende Wahrnehmung der Unmenschlichkeit des Vietnamkrieges. Studium in Münster, Fachschaftsarbeit, Hochschulpolitik in den bewegten Achtundsechziger Jahren Lehrertätigkeit in Witten am Schiller-Gymnasium; in dieser Zeit, soweit es die Korrekturen zuließen: Holzschnittarbeiten und Zeichnungen in unterschiedlichen Techniken. Seit 2004 intensive malerische Arbeit, seit 2006 im eigenen Atelier. Zunächst in Wetter, seit Februar diesen Jahres in Witten, Ardeystraße 120.

Wie Sie sehen können, male und zeichne ich sowohl gegenständlich wie ungegenständlich, sogenannte „Trends“ interessieren mich dabei nicht; entscheidend ist, ob mich ein Thema, ein Gegenstand, ein Erlebnis, eine Technik faszinieren, mit Leib und Seele faszinieren. Dabei entwickelt sich das Bild oft anders als zunächst geplant, bekommt durch Farbe und Pinselführung eine eigene Dynamik. „ES“ malt. Im Malen “entsteht“ dann eine neue Erkenntnis und diese wiederum wirkt sich auf das Malen verändernd aus.

Natürlich bin ich in der Malerei ein Lernender, tagtäglich neu Lernender. Was für andere schöpferische Tätigkeiten gilt, gilt auch hier: je weiter man in die Materie eindringt, umso unerschöpflicher erscheint das Gebiet, das zu „beackern“ ist – bis hin zur gelegentlichen Verzweiflung an dieser Aufgabe. Jeder „fremde Blick“ auf meine Bilder hilft mir dabei, die Arbeit zu verbessern. Betrachter, die sich auf meine Bilder konzentriert einlassen und gelegentlich auch nicht mit Kritik zurückhalten, sind mir im Malprozess eine entscheidende Hilfe. Diesen Freunden danke ich an dieser Stelle sehr.

Projekte

Ein durchgehendes Thema, wenn auch nicht das einzige, meiner Zeichnungen und meiner Malerei ist und bleibt die Faszination durch Bäume und Holz in allen Formen und auch Verformungen. Ein Aspekt dessen, was mich da fasziniert, wird in einer Passage des Romans von Marcel Proust „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ so formuliert: Gefragt, ob er Freunde dort in der Gegend habe, antwortet Herr Legrandin…: „ Ich habe Freunde überall, wo es wehrhafte Gruppen von Bäumen gibt, die verstümmelt sind, doch nicht den Kampf aufgeben, und die sich zusammenscharen, um in rührendem Eigensinn einen unguten Himmel anzuflehen, der kein Erbarmen mit ihnen kennt“ Von daher arbeite ich auch in Holz (Holzschnitt, Holzplastik, Holzbemalung).

Ein zweites Projekt besteht seit zwei Jahren. Mit Harald Bolle-Behler, Gastgeber in einem Dialogkreis der VHS, den ich über die „Bürgerwerkstatt“ zum Konflikt um die Stadtbücherei kennen und schätzen gelernt habe, treffe ich mich wöchentlich und wir reflektieren den Themenkreis Wahrnehmung – Aufmerksamkeit – Bild-/ Bildbetrachtung – Dialog. Auf der Grundlage der „responsiven“ Phänomenologie von Bernhard Waldenfels versuchen wir dort einerseits ein Konzept eines gelingenden Dialogs zu erstellen und zu erproben; andererseits versuchen wir uns eine klare Vorstellung von dem zu verschaffen, was in der Malerei geschieht – sowohl beim Maler wie auch beim Betrachter.

In der Planung befindet sich ein Projekt mit dem Arbeitstitel „Der Bau“. Das steckt aber noch in den Kinderschuhen. Für dieses Projekt suche ich noch im weitesten Sinne künstlerisch interessierte Mitarbeiter.

Was mich sonst noch beschäftigt

Ich führe Lesungen durch, halte Vorträge („Über den wohlwollenden Blick auf unsere Kinder“, Max und Moritz u.a.), in denen ich meine Erfahrung als Lehrer konstruktiv zu verarbeiten versuche.

Und in der deutsch-polnischen Städtepartnerschaft Witten-Tczew setze ich mich im Sinne der Völkerverständigung vor allem für die Vermittlung polnischer Literatur ein.

Das alles ergibt, nehmt alles nur in allem, ein intensives, manchmal zu dicht gedrängtes Leben, das aber Glücksmomente durchaus nicht ausschließt.

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